Die ersten Spiegelreflexkameras mit dem Negativformat 24 x 36 mm überhaupt kamen aus dem Hause der Ihagee in Dresden. Johan Steenbergen, Gründer der Ihagee
Die Industrie- und Handelsgesellschaft mbH, Dresden wurde am 13. Mai 1912 von dem niederländischen Kaufmann Johan Steenbergen (1886-1967) gegründet. Nach einem Jahr wurde sie in Ihagee Kamerawerke GmbH umbenannt. Die Ihagee stellte verschiedene Kameras und Kameratypen her, insbesondere im Bereich der Reflexkameras. An dieser Stelle sei nur an die Patent-Klappreflex (1924-1936) und die Nacht-Reflex (1929-1935) erinnert.
Eine Exakta VP Modell A in einer Anzeige der Ihagee aus dem Jahre 1934 VP Exakta Die Ära der Exakta wurde 1933 eingeleitet. Auf der Leipziger Frühjahrsmesse stellte die Ihagee die Vest-Pocket (VP) Exakta vor, die von Steenbergens Chefkonstrukteur Karl Nüchterlein (1904-1945) gebaut wurde. Sie war der direkte Vorläufer der Kine-Exakta, der ersten Kleinbild Spiegelreflexkamera. Die VP Exakta ist eine einäugige Spiegelreflexkamera. Sie nutzt den 127er Rollfilm und besitzt ein Negativformat von 4 x 6,5 cm. Da es sich um das gleiche Format wie bei der Kodak Vest-Pocket handelt, wird die Kamera auch als VP Exakta bezeichnet. Sie wurde bis 1938 mit verschiedenen Schlitzverschlüssen in unterschiedlichen Ausführungen produziert.
Ihagee im II. Weltkrieg Im Jahr 1941 wurde die Offene Handelsgesellschaft Ihagee Kamerawerke Steenbergen & Co, wie das Unternehmen mittlerweile hieß, von den Nationalsozialisten konfisziert. Im selben Jahr schied Steenbergen aus der Geschäftsführung aus. Obwohl er seine Firmenanteile behalten konnte, war es ihm nicht möglich, Einfluß auf die Entwicklung des Unternemens zu nehmen. Steenbergen emmigrierte - seine Frau war Jüdin - in die USA. Karl Nüchterlein - Chefkonstrukteur der Ihagee
Kine-Exakta bis Exakta II 1936 wurden die ersten fünf Exemplare der Kine-Exakta auf der Leipziger Frühjahrsmesse der Öffentlichkeit vorgestellt. Es war Nüchterlein, der die Entwicklung einer Kleinbildreflexkamera bei Steenbergen anregte. Die Kine-Exakta ist die erste Kleinbildspiegelreflex der Welt. Sie wurde in verschiedenen Abweichungen bis 1948 gebaut. Während die erste Serie durch die signifikante runde Lupe des Lichtschachtsuchers charakterisiert wurde, waren die folgenden Modellserien mit einer eckigen Sucherlupe ausgestattet. Im Jahre 1948 wurde die Kine von der Exakta II abgelöst. Augenfälligste Unterschiede: die Lichtschacht-Lupe wurde von einem Deckel bedeckt und der Bajonettanschraubring war in der Regel schwarz.
Ihagee nach dem II Weltkrieg Nach dem Krieg wurde das mittlerweile als Ihagee Kamerawerke AG firmierende Unternehmen von den sowjetischen Besatzern übernommen. Obwohl Dresden und die Produktionsanlagen der Ihagee zerstört waren, gelang es kurzfristig die Fertigung wieder aufzunehmen. Trotz des sozialistischen Regimes, während dessen viele bis dato selbstständige Kamerawerke im Kombinat VEB Pentacon zusammengeschlossen wurden, konnte die Ihagee weitgehend ihre unternehmerische Unabhängigkeit bewahren und sich neben der Praktika sowie wenigen anderen Kameratypen des Hauses Pentacon als eigenständige Marke behaupten. Das Unternehmen blieb also weiterhin bestehen und wurde vom VEB Optik der DDR verwaltet. Erst 1968 ging die Ihagee im Kombinat VEB Pentacon auf.
Exakta Varex 1950 gelang der Ihagee mit der Exakta Varex (V, VX, Varex VX, etc.) ein Durchbruch. Die erste wirkliche Spiegelreflex-Systemkamera war auf dem Markt. Der Lichtschachtsucher konnte z.B. gegen einen Prismensucher ausgetauscht werden, zahllose Wechselobjektive waren verfügbar, Hilfsmittel für die Makro- und wissenschaftliche Fotographie wurden auf den Markt gebracht. In der Varex IIa erreichte die Produktion der Exakta schließlich ihren Höhepunkt und stellte dem Anwender vielleicht das schönste Modell zur Verfügung. Von der Exakta zur Exa Die kleine Schwester der Exakta, die Exa, begann 1955 ihren Siegeszug. Es handelt sich um eine vollkommen eigenständige Kamera, die zwar einen geringeren Funktionsumfang besitzt, aber voll in die Systemwelt der Exakta Varex integriert ist.
Ihagee West Nach dem Krieg kehrte Steenbergen aus den USA nach Deutschland zurück und versuchte vergeblich seine Firma zurück zu bekommen. Um dies zu erreichen gründete er 1960 in Frankfurt am Main die Ihagee Kamerawerk AG, die später in West-Berlin ansässig war. Schließlich gewann Steenbergen den namensrechtlichen Streit gegen die "ostdeutsche Ihagee", allerdings erst 1969, zwei Jahre nach seinem Tod. Die Exakta Real in einer Anzeige aus dem Jahre 1966
Kameras produzierte die "westdeutsche Ihagee" natürlich auch. An dieser Stelle sei an die in Westberlin montierte Exakta Real erinnert, die 1963 auf der Photokina vorgestellt aber erst 1966 auf den Markt gebracht wurde. Von ihr wurden nur ca. 1.000 Stück gebaut. Im Jahr 1967 gab die mittlerweile in West-Berlin wieder unter dem Namen Ihagee Kamerawerk AG ansässige Firma die eigene Kameraproduktion auf und konzentrierte sich - bis in die 80er Jahre - ausschließlich auf den Vertrieb japanischer Kameras unter dem Label Exakta - mit mäßigem Erfolg.
Das Ende der Ihagee Nachdem 1968 das Vermögen der Dresdner Ihagee AG an das VEB Pentacon überging, wurden die Exakta Baureihen 1973 eingestellt. Die kleine Schwester, die Exa, wurde vom VEB Pentacon in Form der Exa 1c noch bis ins Jahr 1987 produziert. 1996 endet die Geschichte der Ihagee und der Exakta. Die 1941 von dem Holländer Johan Steenbergen gegründete Offene Handelsgesellschaft Ihagee Kamerawerke Steenbergen & Co wurde mangels Kapital aufgelöst. Exa, Exakta und ich Meine erste Exakta, eine Exakta Varex VX von 1951, erstand ich vor über 20 Jahren auf einem Flohmarkt in Norddeutschland. Kurz darauf bekam ich meine erste Exa (1961, mit schwarzer Frontplatt) geschenkt. Seitdem sammel und interessiere ich mich für Exa und Exakta, aber auch - und das sei mir an dieser Stelle gestattet zu erwähnen - für die Leica, aber das ist eine ganz andere Geschichte.
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